«Eher springt ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass aus dir etwas wird», sagte seine Mutter zu Stephan, als er ein Kind war. Mit Nadeln beschäftigte er sich in den folgenden Jahren intensiv, mit Kamelen weniger. Jugend auf dem Land, schwierige Familienverhältnisse, der Vater hat die Mutter verlassen, die Mutter lässt ihre Frustration am Sohn aus, der Sohn unternimmt einen Selbstmordversuch, Verwandte nehmen ihn zu sich. Das sind die Haltestellen auf Stephans Weg in die Zürcher Drogenszene. Endstation Letten?
Der ehemalige Bahnhof an der Limmat wurde tatsächlich eine neue Heimat für den jungen Mann, bis er, kurz vor dem körperlichen Kollaps, den Entzug versuchte und schaffte. Stephan hat unterdessen einen Job als Treuhänder, eine Wohnung, einen Freund. Er hat die Nadel aus der Vene und das Kamel durchs Öhr gebracht. Alles paletti?
Dokfilmerin Gaby Schädler wollte es genauer wissen und begleitete den Ex-Junkie ein Jahr lang an die Orte seiner Vergangenheit und liess ihn über seine Drogenkarriere räsonnieren. Herausgekommen ist kein Präventions- oder Aufklärungsfilm, sondern in erster Linie ein Portrait, in dem der ehemalige «Drögeler» offenherzig Auskunft gibt über sein Leben. Nicht nur über die abschreckenden Seiten der Drogenszene, sondern auch über ihre Faszination. Stephan erzählt, wie der Gang auf den Platzspitz auch Rebellion und Freiheitsgefühl bedeutete. Dass Heroin «geiler ist als der geilste Sex». Dass er sich in Therapien begab mit dem erklärten Ziel, sich körperlich ein wenig aufzupäppeln, um dann bestimmt an den Letten zurückzukehren.
Es ist diese Offenheit, die dem Film eine grosse Echtheit verleiht. Offenheit auch darüber, dass mit Entzug und Ausstieg keineswegs das Happy End erreicht ist. Stephan kämpft auch mit der Normalität und der Langeweile eines geregelten Lebens, mit der Angst vor der Beschäftigung mit sich selbst. Das sind Einblicke, die man so noch nicht oft zu sehen bekommen hat, die aber von Regisseurin Schädler auch nicht aufgebauscht, sondern in ihrer Nüchternheit belassen werden.
Stephan@Nadelöhr.Zürich dürfte vor allem für Zürcher interessant sein, die mit der Drogenszene und ihrer Stadt und den Figuren, die sie produziert, am offensichtlichsten konfrontiert waren und sind. So oder so bietet der Film einen zurückhaltenden Einblick in die Welt des Rauschgifts, der nie sensationslüstern wird.
Arbeiten bei Zentralton:
Filmmusik, Tonschnitt, Sound Design, Pre-Master